Eam Sonnelaand

Vier Joahrzehnde hodd merr Keann noch elläi ean Kur geschùchd. Haut gedd’s Bicher on Ausschdellungge drewwer, on Loid kimmern sech zèm Glegg drim, desses offgeärweld weadd (https://verschickungsheime.de). Ech huh è Märche on è Lied geschreawwe – ewwersch Sonnelaand. „Zum sonnigen Landl“ hiss das Haus eam Allgoi, wu ech woar, on annern vier on nooch merr. Ech woar oachd. On seggs Woche worrn laangk uhne Dellefoon on Bèsuch voo deheem. Maggelech sai ech doa aanit worrn, sonnern huh obgenomme, aach wann sè ins gemäsd huh. Es Heemwieh hodd ins offgefräasse. Eam Sonnelaand.

Vor Jahrzehnten hat man Kinder noch allein in Kur geschickt. Heute gibt es Bücher und Ausstellungen darüber, und Leute kümmern sich zum Glück darum, dass es aufgearbeitet wird (https://verschickungsheime.de). Ich habe Märchen und ein Lied geschrieben – übers Sonnenland. „Zum sonnigen Landl“ hieß das Haus im Allgäu, in dem ich war und andere vor und nach mir. Ich war acht. Und sechs Wochen waren lang ohne Telefon und Besuch von daheim. Fett bin ich da auch nicht geworden, sondern habe abgenommen, obwohl sie uns gemästet haben. Das Heimweh hat uns aufgefressen. Im Sonnenland.

In the Seventies, kids have been sent into rehab centers. Today you can read books about that and there are exhibitions, thanks to people who do research and provide a website (https://verschickungsheime.de). I have written a fairy tale and a song about the land of the sun. „Zum sonnigen Landl“ was the name of the house in Bavaria I had been in, and others before and after me. I was eight. And six weeks have been long without phone contact and visitors from home. I did not become fat, but lost weight, though they fed us and fed us and fed us. Homesickness has eaten us up. In the land of the sun.

Best wishes, alles Gute, alles Gurre,

Pauls Monika

È poar Woadde:

Keannsammler – Kindersammler, those who collected children. Ewwer Laand – über Land, throughout the country. Gedd ins auer Keann – gebt uns eure Kinder, give us your children. Bai ins huhsès gudd – bei uns haben sie es gut, they will be treated well by us. Alles imsosd! – Alles umsonst! For free! Doas zoahld die Kass – das zahlt die Krankenkasse, the health insurance will cover that. Barriern – gehorchen, obey. Daande – Tanten, aunts. Asseses nit – aßen sie es nicht, if they did not eat it. Riehrn – rühren, move. Maggelech – dick, fat. Oo dè Keann selwer loggenn naut – an den Kindern selbst lag ihnen nichts, they did not care about the children. Wie gidd’s ouch dann? Wie geht es euch denn? How are you? Foaddlaafe – weglaufen, run away. Hobbch – Habicht, a big bird.  Die Keann huh sech gefiachd – die Kinder haben sich gefürchtet, the children were scared. Dè Board deerenn zerrenn wie è Lämmerschwänns-che – das Kinn zitterte (ihnen) wie ein Lämmerschwänzchen. Nit gelaire – nicht leiden, didn’t like. Schwoaddse Schdeann – schwarze Sterne, black stars. Damme – Daumen, thumbs. Dai Ellern weaschde goar nit mieh kenn – deine Eltern wirst du gar nicht mehr (er)kennen, you will not recognize your parents. Dess du nur werre doa säisd – dass du nur wieder da bist, that you are back.

Das Lied ist ein Original, hier der Text im Dialekt und in der hochdeutschen Übersetzung:

Eam Sonnelaand

Eam Sonnelaand, doa woarn merr Keann.

Eans Sonnelaand, doa mussde hean,

zèm Mäsde, zèm Maggelechwerrn.

Eam Sonnelaand sogg merr doas geann.

Eam Sonnelaand woar ech elläi.

Eam Sonnelaand, on noch sou kläi.

Eam Sonnelaand gobb’s schwoaddse Schdeann,

eam Sonnelaand hadd dech käis geann.

Es Sonnelaand woar sou wääd foadd,

es Sonnelaand woar goar kenn Oadd.

Es Sonnelaand, doas gedd’s nit mieh.

Eam Sonnelaand, doa woar’s nit schie.

 

Im Sonnenland

(wörtliche Übersetzung aus dem Oberhessischen)

Im Sonnenland, da warn wir Kinder.

Ins Sonnenland, da musstest du hin.

zum Mästen, zum Schwabbeligwerden.

Im Sonnenland sah man das gern.

Im Sonnenland war ich allein.

Im Sonnenland, und noch so klein.

Im Sonnenland gab’s schwarze Stern‘,

im Sonnenland hatt‘ dich keiner gern.

Das Sonnenland war so weit fort,

das Sonnenland war gar kein Ort.

Das Sonnenland, das gibt’s nicht mehr.

Im Sonnenland, da war’s nicht schön.

 

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